Wie gekonnte Vernetzung zu konkreten Schritten führt
Anstoß für diesen konstruktiven Austausch war das diesjährige AHF im Juni 2021 in Schladming. Im Workshop "Onkologische Versorgung nahe am Patienten" wurde dort Best Practice wie das Tumorzentrum Oberösterreich und die Telemonitoring-Lösung E-SMART vorgestellt. Die Teilnehmer:innen hatten den Wunsch, die Themen des Workshops weiterzuverfolgen und gemeinsam an Verbesserungen für die Krebspatient:innen zu arbeiten.
Das Austrian Health Forum hat seither das Netzwerk, das sich um die Thematik wohnortnahe onkologische Versorgung gebildet hat, bei der Ausgestaltung konkreter nächster Schritte begleitet. Beim AHF-NETUP gaben ...
- Prim. Doz. Dr. Hannes Kaufmann, Abteilungsvorstand der 3. Med. Abteilung der Klinik Favoriten Wien und Programmdirektor beim Vienna Cancer Center,
- Prim. Univ. Prof. Dr. Felix Keil, Vorstand 3. Medizinische Abteilung, Hanusch Krankenhaus,
- Dr. Arno Melitopulos, Landesstellenleiter Tirol und Bereichsleiter Versorgungsmanagement in der ÖGK,
- Mag. Romana Ruda, MA, MBA, Leiterin der Abteilung Versorgungsmanagement der ÖGK, und
- DGKP Harald Titzer, BSc, MSc, Präsident der Arbeitsgemeinschaft hämatologischer und onkologischer Pflegepersonen in Österreich (AHOP),
... dazu ein Update und einen Ausblick auf die nächsten Schritte.
Paradigmenwechsel in der Behandlung und Versorgung von Krebspatient:innen
In Österreich hat sich in der Behandlung von Krebserkrankungen die Zentrumsmedizin durchgesetzt. Das macht Sinn angesichts der Tatsache, dass in der Onkologie oft innovative, aber auch teure Diagnostik und Therapien zum Einsatz kommen, die eine schnelle Übersetzung in die Praxis brauchen, sowie interdisziplinäre Teams mit sehr hohem Detailwissen. Verbesserungen in der Krebsbehandlung und demographisch-soziale Entwicklungen führen dazu, dass Krebs immer weniger ein Todesurteil, sondern vielmehr eine chronische Erkrankung wird. Für chronisch kranke und ältere Patient:innen, die längerfristige, niederschwellige Begleitung brauchen, ist die Zentrumsmedizin dann aber ein inadäquates und obendrein sehr teures Angebot.
So funktioniert homogene Versorgung intra- und extramural
Eine Antwort darauf ist der bereits regelfinanzierte Hämatologieverbund - ein Versorgungsnetzwerk, welches hämatologische Patient:innen je nach ihren Bedürfnissen extramural in den hämatologischen Gesundheitszentren (GZs) oder intramural in der 3. Med. Abteilung des Hanusch Krankenhauses (HKH) der ÖGK versorgt. Das medizinisch-pflegerische Personal wird dabei zentral ausgebildet und arbeitet sowohl in den GZs als auch im HKH. Dieses System ermöglicht eine rasche Diagnose und Abklärung von Patient:innen, eine abgestufte Versorgung zwischen Hausarzt, extramuralen Hämatolog:innen und Zentrumsversorgung nach einheitlichen Standards, sowie eine wesentliche Erhöhung der ambulanten Versorgungskapazität.
Menschenfreundlich-pragmatische Schritte und mittelfristige Ambitionen
Nach dem AHF-Workshop "Onkologische Versorgung nahe am Patienten" hat die ÖGK bereits die onkologische Nachsorge als Kernthema für die Weiterentwicklung und Aufnahme in die integrierte Versorgung identifiziert. Damit hat das Thema eine Heimat im Competence Center für integrierte Versorgung gefunden, welches sich nun um die Umsetzung annehmen wird. Konkret steht jetzt eine Analyse und Bewertungsphase an, in der die Essenz und die Erfolgsfaktoren des Hämatologieverbundes herausgearbeitet werden, damit das Erfolgsmodell dann zunächst in Wien und später – mit den nötigen regionalen Anpassungen – in den anderen Bundesländern zum Einsatz gebracht werden kann. Außerdem soll Best Practice aus den anderen Bundesländern eingeholt werden, um wesentliche Bausteine für eine integrierte und wohnortnahe onkologische Versorgung herauszuarbeiten.
Wichtige Gesprächspartner werden dabei die Pflegefachkräfte sein. Zunehmend spezialisierte Pflegekräfte - die Cancer Nurses - spielen in der wohnortnahen onkologischen Versorgung eine zentrale Rolle, nicht zuletzt um auf die sich ändernden Erwartungen und Bedürfnisse der Krebspatient:innen reagieren zu können.
“Systemrezeptoren”
Einblick gaben die ÖGK-Vertreter beim AHF-NETUP auch in eine Reihe systemische Faktoren, die eine Kernrolle spielen, wenn es darum geht Bewegung und gute neue Ansätze ins System zu bringen:
- Ein gemeinsames Bild von einer Notwendigkeit seitens der Systempartner
- Einen gemeinsamen Versorgungsanspruch bzw. einheitliche Qualitätsstandards
- Den “Integrationsfaktor” - das ist der Aufwand für die Veränderung und die Integration bereits bestehender Vereinbarungen, Infrastruktur etc. in das Neue
- Den Emotionsfaktor oder Kompetenzfaktor, d.h. Fachexpert:innen, Ärzt:innen, Pfleger:innen, die sich für ein Thema begeistern und einsetzen
- Digitalisierung und ihre Verquickung mit einem seriösen persönlichen ärztlichen, pflegerischen Angebot
- Finanzierung – verschiedene geeignete Finanzierungsinstrumente existieren bereits